Unter normalen Umständen holen NFL-Teams keinen 16-Punkte-Rückstand im vierten Viertel auf. Das gilt erst recht, wenn man gegen eines der besten Teams der Liga spielt. Doch das Spitzenspiel zwischen Seattle und LA in der Nacht auf Freitag war alles andere als normal, und die Seahawks zeigten in dieser Saison immer wieder, dass etwas Besonderes in ihnen steckt.
Alles, was du zum unglaublichen Jahrhundert-Duell um die Tabellenführung in der NFC West wissen musst, gibt's hier.
Nach dem Rückstand brutale Moral bewiesen
Als die Seahawks zu Beginn des vierten Viertels mit 14:30 zurücklagen, blieben sie cool – nach dem Touchdown, mit dem die Rams ihre Führung ausbauten und wenige Minuten später, als Sam Darnold in der Red Zone interceptet wurde und Los Angeles bei noch 9:39 auf der Uhr erneut den Ball überließ, zu einem Zeitpunkt, als die Führung komfortabel erschien.
Was folgte, war eine bemerkenswerte Abfolge von Ereignissen, die es den Seahawks ermöglichte, zurückzukommen, das Spiel zum 30:30 auszugleichen und es schließlich in der Overtime zu gewinnen. Damit verbesserten sie ihre Bilanz auf 12-3, sicherten sich einen Playoff-Platz und übernahmen gleichzeitig die Spitzenposition nicht nur in ihrer Division, sondern gleich in der gesamten National Football Conference (NFC).
"Holy smokes, was für ein großartiges Footballspiel", sagte Seahawks Head Coach Mike Macdonald. "Zunächst einmal eine unglaublich elektrische Atmosphäre. Einfach eine unvergleichliche Stimmung, die unsere 12s da gezeigt haben."
Um eines der unwahrscheinlichsten Comebacks in der Franchise-Geschichte perfekt zu machen – vor Donnerstag standen die Seahawks bei einer Bilanz von null Siegen und 172 (!) Niederlagen, wenn sie im vierten Viertel mit 16 oder mehr Punkten zurücklagen –, mussten in der Schlussphase nahezu alles richtig machen.

Die verrückteste Szene des Spiels
Zunächst gelang es einer Defense, die zuvor große Probleme hatte, Rams-Quarterback Matthew Stafford und Receiver Puka Nacua zu stoppen, nach Darnolds Interception im vierten Viertel ein Three-and-out zu erzwingen. Anschließend trug Rashid Shaheed den Punt über 58 Yards zum Touchdown zurück. Darnold fand Cooper Kupp für die 2-Point Conversion, wodurch der Rückstand auf acht Punkte schrumpfte und die Seahawks neues Leben bekamen – doch es lag noch viel Arbeit vor ihnen.
Die Defense erzielte ein weiteres Three-and-out, und die Offense antwortete mit dem nächsten Touchdown, einem 26-Yard-Pass von Darnold auf Tight End AJ Barner. Die Seahawks gingen erneut für zwei Punkte und schienen zunächst leer auszugehen, als Darnolds Pass abgefälscht wurde und unvollständig auf dem Boden landete. Nach dem Review durch die Schiedsrichter wurde jedoch entschieden, dass der Pass rückwärts ging und somit ein Fumble war. Da Running Back Zach Charbonnet den freien Ball in der Endzone aufnahm, erhielten die Seahawks die zwei Punkte und glichen das Spiel aus.
Verlängerung: Alles oder nichts für Seattle
In der regulären Spielzeit konnte kein Team mehr scoren. In der Overtime bekamen die Rams zuerst den Ball und fabrizierten einen weiteren Scoring Drive, bei dem Stafford Nacua für einen 41-Yard-Touchdown fand – 37:30. Damit war für die Seahawks alles oder nichts angesagt, und Darnold sowie die Offense lieferten erneut ab. Sie marschierten 65 Yards über neun Plays, abgeschlossen durch einen vier Yard langen Touchdown-Pass auf Jaxon Smith-Njigba.
Anstatt den Extrapunkt zu kicken und bei noch 3:13 Minuten in der Overtime die Möglichkeit eines Unentschiedens zu eröffnen, entschieden sich die Seahawks erneut für die 2-Point Conversion. Darnold fand Tight End Eric Saubert für die entscheidenden Punkte, was einen Jubelsturm auf dem Feld und auf den Rängen auslöste.
"Es sind diese Jungs da drin", sagte Macdonald über das Comeback seines Teams mit Blick in die Kabine. "Sie haben entschieden, dass sie auf eine bestimmte Art spielen wollen und das Team sein wollen, über das wir sprechen – und sie untermauern das jeden Tag. Egal unter welchen Umständen. Das ist, wer wir sind. Das ist, was wir tun. Wenn es dann Zeit ist, alles auf eine Karte zu setzen, sind sie bereit."
Es wäre eine natürliche Reaktion gewesen, wenn die Seahawks nach drei Ballverlusten – zwei Interceptions von Darnold und ein Fumble von Cooper Kupp – den Kopf hängen gelassen und sich nicht mehr erholt hätten. Ebenso wäre es verständlich gewesen, wenn der Defense, die einen Großteil des Spiels auf dem Feld stand und die Partie schließlich ohne drei Stammspieler – Coby Bryant, Riq Woolen und Nick Emmanwori – beendete, die Energie gefehlt hätte, um stark zu finishen.
Seine Rekord-Nacht krönt Teamleistung
Mit seinen Catches am Sonntag schrieb Jaxon Smith-Njigba in einer Saison voller Meilensteine ein weiteres kleines Stück Geschichte. Doch was dem Receiver deutlich wichtiger war als der Rekord, den er mit diesen Catches brach, war ihre Bedeutung – insbesondere der letzte –, als die Seahawks das Fabel-Comeback vollbrachten.
JSN hatte, wie der Rest der Offense, eine ruhige erste Halbzeit und ging ohne Catch in die Pause. Doch wie fast immer ließ er sich nicht über ein gesamtes Spiel hinweg aus dem Spiel nehmen. Am Ende kam er auf acht Catches für 96 Yards und baute damit seine ligaweit führende Bilanz auf 1.637 Receiving Yards aus. Mit diesen acht Catches steht er nun bei 104 in dieser Saison und brach damit den Franchise-Rekord für Catches in einer Saison, den er zuvor mit Tyler Lockett (100) geteilt hatte.
Doch wichtiger als dieser Rekord – oder die Auszeichnungen, die er in dieser Saison bereits erhalten hat und noch erhalten wird – ist die Tatsache, dass die Seahawks dank seines Overtime-Touchdowns, der die spielentscheidende 2-Point Conversion vorbereitete, nun bei 12-3 stehen und sich erstmals in seiner dreijährigen Karriere einen Playoff-Platz gesichert haben.

Erste Playoff-Teilnahme für JSN
"Es ist riesig", sagte Smith-Njigba über den Einzug in die Playoffs. "Für mich ist das ehrlich gesagt größer als jede Auszeichnung, die ich bisher bekommen habe. Ich freue mich auf diese Postseason. Ich bin bereit, alles zu geben und alles auf dem Feld zu lassen."
Dass Smith-Njigba nach einer ruhigen ersten Halbzeit in der entscheidenden Phase des Spiels großen Einfluss nahm, überraschte dabei niemanden.
"Für mich ist das kein Thema", sagte Seahawks-Coach Mike Macdonald. "Wir versuchen einfach weiter, Wege zu finden, den Ball zu bewegen. Und es stellt sich heraus, dass Jax ein großartiger Weg ist, den Ball zu bewegen, also geben wir ihm den Ball so oft wie möglich. Wenn wir das nicht können, geben wir ihn jemand anderem. Wir machen weiter, tüfteln, finden Wege, Touchdowns zu scoren. Für uns geht es einfach darum, Spiele zu gewinnen."
Und wie so oft in dieser Saison war es ein sehr guter Weg zum Sieg, Jaxon Smith-Njigba den Ball zu geben.











